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Neudörfl

Neudörfl (ungarisch: Lajtaszentmiklós, dt. "St. Nikolaus an der Leitha", kroatisch: Najderflj) ist eine Marktgemeinde im Bezirk Mattersburg im Burgenland mit 4.853 Einwohner (Stand: 1.1.2022).

Geographie: Neudörfl ragt westlich bis Wiener Neustadt und auch nördlich und östlich nach Niederösterreich. Neudörfl an der Leitha grenzt einerseits an die Aulandschaft entlang der Leitha, andererseits an den Zillingdorfer Wald und das Rosaliengebirge. Neudörfl, kongruent mit der gleichnamigen Katastralgemeinde, ist die einzige Ortschaft sowie der einzige Siedlungsname in der Marktgemeinde.

Nachbargemeinden: Bad Sauerbrunn, Katzelsdorf (NÖ), Lichtenwörth (NÖ), Pöttsching und Wiener Neustadt (NÖ).

Partnergemeinde: Erste Kontakte zur Schwestergemeinde Zollikofen in der Schweiz entstanden 1971, als die damaligen Gemeinderäte von Zollikofen zum Abschluss der Legislaturperiode eine Reise nach Wien machten und dabei vom damaligen Landeshauptmann des Burgenlandes zu einem Empfang geladen wurden. Auf der Fahrt ins Burgenland wurde von den Zollikofener auch ein Besuch in der Gemeinde Neudörfl geplant. Wie es im Burgenland üblich ist, kamen sich die Vertreter beider Gemeinden im Heurigenlokal Waldherr näher, und es konnte der Grundstein zu einer Freundschaft über die Staatsgrenzen hinaus gelegt werden. Die Verschwisterung wurde am 30. September 1973 amtlich besiegelt.

Geschichte: Vor Christi Geburt war das Gebiet Teil des keltischen Königreiches Noricum und gehörte zur Umgebung der keltischen Höhensiedlung Burg auf dem Schwarzenbacher Burgberg. Später unter den Römern lag das heutige Neudörfl dann in der Provinz Pannonia. Im Jahre 1194 wird vom Babenbergerherzog Leopold V. mit einem Teil des Lösegeldes des englischen Königs Richard Löwenherz westlich von Neudörfl die Festungsstadt Wiener Neustadt gegen die Ungarn gegründet. Bis zum Mongolensturm (1240/1241) war die Bevölkerung rein ungarisch. Im Mittelalter hieß die Gemeinde Röjtökör (von ungarisch rejtek, das Versteck und or, die Wart).

Neudörfl war seit 25. Februar 1872 Sitz der freimaurerischen Grenzloge Humanitas (Hauptstraße 142), einer Tochterloge der Großloge Pest. Als Local-Loge von Wien bzw. sogar von ganz Cisleithanien wurde ihr besondere Bedeutung beigemessen. Am 5. und 6. April 1874 wurde im damaligen Leithagasthaus (Hauptstraße 154) die Gründung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (Österreichs) in die Wege geleitet.

Der Ort gehörte, wie das gesamte heutige Mittelburgenland, bis 1920/21 zum ungarischen Komitat Sopron. Ab 1898 musste aufgrund der Magyarisierungspolitik der Budapester Regierung ausschließlich der (bereits bestehende) Ortsname Lajtaszentmiklós verwendet werden.

1919, nach Ende des Ersten Weltkriegs, wurde nach zähen Verhandlungen Deutsch-Westungarn (mit Ausnahme von Ödenburg) in den Verträgen von St. Germain und Trianon der Republik Österreich zugesprochen. Der Ort gehört seit 1921 zum damals gegründeten Bundesland Burgenland.

Marktgemeinde ist Neudörfl seit 1. Juni 1973.

Kultur und Sehenswürdigkeiten:
Bildstock, Sauter-, Marien- oder Wetterkreuz: Das Fleischhackerkreuz, auch Sauterkreuz, Marien- oder Wetterkreuz genannt, befindet sich in Neudörfl am Weg nach Bad Sauerbrunn (genau an der Gemeindegrenze) und ist unter Objekt-ID: 18966 (BDA: 22632) denkmalgeschützt. Der Tabernakelpfeiler hat eine Rollwerkkartusche mit einem Engelskopf, die Inschrift lautet 1651. Der Steinpfeiler wurde 1651 vom Fleischhacker Sauter ("SAUTER") gestiftet, dieser ist auf der Straße zwischen Ödenburg und Wiener Neustadt überfallen worden. Die Straßenräuber hatten ihm sein Leben gelassen, und aus Dankbarkeit widmeten er und seine Frau Ehlisabet diesen Gedenkstein.
Denkmalgeschütztes Bürgerhaus: aus 1839, renoviert 1982, Hauptstraße 14.
Ehem. Esterhazysches Kastell: Das ehem. Esterhazysches Kastell (Kastell Neudörfl) befindet sich in der Hauptstraße 154, "Hofleithamühl" in Neudörfl und ist unter der ObjektID: 30489 denkmalgeschützt. 1650 von Graf Nikolaus Esterházy de Galantha begonnenes, Mühle und Wirtshaus vorsehendes, im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts erweitertes Kastell: ein zweigeschoßiger Bau mit zwei Flügeln, dessen dreizehnachsige Hauptfront von einem mit geschweiftem Rundgiebel und fürstlich Esterházyschem Wappen gekrönten Portal erschlossen wird. Die Mühle befand sich an der Nordseite des Hauptgebäudes, im langen Südtrakt unten das Wirtshaus, oben die fürstlichen Zimmer mit einer großen Küche. 1714 erbaute der Mattersdorfer Jude Simon Lazarus auf seine Kosten ein Bräuhaus. 1740 und 1741 wurde das Hauptgebäude umgebaut und erhielt damals die noch heute bestehende Form. 1740: "Das Leytha Wirthshaus der Erste Stock", die oberen und unteren Zimmer, die Mühle wurde erneuert und das Sagmüllerhäusel neu erbaut. 1767 entstand unter Leitung des fürstlichen Hofzimmermeisters aus Eisenstadt, Matthias Mathes, ein zweigeschoßiges Badehaus mit sechs Badstuben und sieben Zimmern. Nach dem Erdbeben vom 27. Februar 1768 erhielt ein Eisenstädter Maurermeister den Auftrag für die Neuaufrichtung von vier Kaminen auf dem Wirtshaus. Die Mühle war bis 1927 in Betrieb, das Wirtshaus bis ca. 1942. Nach 1971 wurde das Gebäude als Privatwohnhaus innen restauriert, 1974 die Fassade wiederhergestellt und 1976 das Dach mit Eternit gedeckt. 1982 kam das Kastell an die Caritas.
Ehem. Gasthaus: erbaut um 1900 (Hauptstraße 11).
Ehem. Zollhaus bzw. Dreißigstamt: erbaut 1815 (Hauptstraße 167).
Flur-/Wegkapelle: ObjektID: 18965, Hauptstraße, Johannes-Nepomuk-Kapelle. Laut Inschrift erbaut 1745. 1960 bei der Regulierung der Bundesstraße abgetragen, 1969 am jetzigen Platz wiederaufgestellt und am 8. Juni 1969 geweiht. Der hochbarocke Bau über fast quadratischem Grundriss hat eine von ionischen Pilastern flankierte Fassade, in der ein korbbogiges Portal unter einem ziegelgedeckten, in der Mitte zum Spitz geschweiften Gesims sitzt, in dessen Aufsatz sich eine Polsterkartusche mit dem Rest einer Inschrift befindet. Fünfzackige Sterne bekrönen auf den seitlichen Anläufen mit Voluten und dem Schweifgiebel fünf Postamente. Die Seitenwände weisen blinde Nischen auf; das Satteldach ist ziegelgedeckt. Jenseits des barocken Klostergitters steht innen auf einer bauchigen Steinmensa ein Podest mit einem Moldausturz-Relief, darauf die überlebensgroße polychromierte Sandsteinstatue des Heiligen, seitlich flankiert von Putti, die einen Lorbeerkranz bzw. einen Palmenzweig tragen.
Grenzwächterhäuschen: 1994 wieder aufgebautes Grenzwächterhäuschen am ehemaligen Übergang von Trans- nach Cisleithanien, 150 m östlich der Leitha-Mitte (Blickrichtung).
Johannes-Nepomuk-Kapelle: 1745 nach einer Pestepidemie vom Pächter des Leithagasthauses dem Brückenheiligen gewidmet.
Josephssäule: Steinpfeiler von 1738, 1969 mit einer von Hubert Wilfan gestalteten Statue des hl. Joseph versehen (nunmehr vor Hauptstraße 66).
Kath. Pfarrkirche Mariae Geburt: ObjektID: 18961, Kirchenplatz 5, ehemals Pfarrkirche Heiliger Nikolaus. Die Pfarre entstand um 1670. - Die Kirche wurde 1669 erbaut und nach ihrer Zerstörung 1683 vergrößert: Turmbau, Erweiterung und Weihe 1783. Renovierungen erfolgten im 19. Jahrhundert. 1952 wurde die wertvolle barocke Einrichtung entfernt, 1974 wurde der Bau restauriert. Baubeschreibung: großer Barockbau, gleich breite Polygonalapsis mit zwei Strebepfeilern. An die westliche Schiffwand angebauter dreigeschoßiger Turm mit steinernem Pyramidenhelm; über dem Portal Nische mit barocker Holzfigur des heiligen Nikolaus. Nordfassade mit geschweiftem Giebel. Anbauten am vierten Joch: Sakristei und Kapelle mit halbrunder Apsis. Vier Joche unter Kreuzgratgewölben zwischen Gurten auf flachen Pilastern. Dreiachsige Empore mit geschweifter Brüstung. In der Kapelle Kreuzgratgewölbe. Ölbild, am Durchgang zur Seitenkapelle, ehemaliges Wallfahrtsbild, mit Inschrift "Dises Frauen-Bild ist Anno 1683 in dißen Löbl. Gotteshaus mitten in der feuersbrunst als sie von den Türcken abgebrent worden unverletzt gebliben."
Kriegerdenkmal: ObjektID: 18968, Kirchenplatz, Quaderförmiges Kalksteinmonument mit pyramidenförmig abgetrepptem Deckstein auf roh behauenem Sockel. Auf weißer Marmortafel Inschrift mit Einweihungsdatum 4. Juli 1920. Darüber Relieftafel aus Bronze: Gefallener Krieger mit Engel, bez. F. Meixner 1919.
Landespflegeanstalt und Rehabilitationszentrum: ObjektID: 25683, Hauptstraße 150, im 19. Jahrhundert hatte der größte Weinhändler Westungarns, Aron Wolf, hier seine Weinhandlung. Das Gebäude barg riesige Kellerräume. 1910 wurde Wolf in einen Weinskandal verwickelt, sein Wein aus diesem und auch aus den angemieteten Kellern wurde in den Dorfbach geschüttet. Wolf selbst verkraftete diesen Skandal nicht und beging Selbstmord. 1928 übernahm die burgenländische Landesregierung die Ruinen der Weinkellerei, ließ sie nach Plänen von Architekt Gausse zu einem Alters- und Siechenheim um- und ausbauen. Die Institution wurde am 28. Juni 1930, eine Woche nach baulicher Fertigstellung, durch Bundespräsident Wilhelm Miklas eröffnet und trägt heute die Bezeichnung Landespflegeanstalt mit Rehabilitationsheim. Der längsgestreckte zweigeschoßige Bau mit Satteldach geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Das Bauwerk ist gekennzeichnet durch seine elfachsige Straßenfront mit Rundbogenportal; historistischer Dekor wurde fast gänzlich entfernt. U-förmige Anlage hinter dem Verwaltungsgebäude: Der zweigeschoßige Bau ist durch Risalite und Giebel streng symmetrisch und kleinteilig gegliedert, die Erdgeschoßzone durch farbigen Rieselputz über Natursteinsockel sowie teilweise durch Blendarkaden vom weiß gefärbelten Obergeschoß abgesetzt und als Sockelzone interpretiert. Zackenbandfriese sind im Art-déco-Stil gehalten.
Leithagasthaus (ursprünglich: "Hofleitha­mühl"): 1874 Ort des Gründungsparteitags der österreichischen Sozialdemokratie.
Pest-/Dreifaltigkeitssäule: ObjektID: 18969, eine Weinlaubsäule mit stilisiertem korinthischem Kapitell auf quadratischem Sockel, darauf Gnadenstuhlgruppe mit Gnadenstuhl, errichtet nach den Pestjahren 1710–1714 über einer ehemaligen Pestgrube. 1779 mit einer Messstiftung versehen, verbunden mit der Verpflichtung, für den Verstorbenen regelmäßig Messen zu lesen.
Söllnersiedlung Neugebäu: geschlossenes Ensemble giebelständiger Kleinbauernhäuser, 1987 restauriert (Söllner waren in der Zeit der Grundherrschaft jene Bauern, die zwar einen Hof, aber kein Land besaßen.).
Villa: erbaut um 1870/80 von Johann Knura, seit ca. 1880 Besitzer der ehemaligen örtlichen Zündwarenfabrik (Am Brunnenfeld 1).

Wirtschaft: Neben mittelständischer Wirtschaft hat auch der Tourismus Bedeutung. Durch den Weinbau und die Buschenschenken (Heurigen) kam der Ort zum Beinamen "Grinzing von Wiener Neustadt". Größtes Industrieunternehmen mit etwa 250 Mitarbeitern ist die Firma Neudoerfler Office Systems GmbH, die seit ihrer lokalen Betriebsaufnahme durch Karl Markon am 12. Juni 1946 (als Neudörfler Türen-, Fenster- und Möbelfabrik Ges.m.b.H.) zu einem der führenden Büromöbel-Hersteller Österreichs wurde, mit Exporten nach Deutschland, Schweiz, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Italien. Mit über 80 Mitarbeitern ist das in den Branchen Elektronik bzw. Gesundheit und Medizintechnik tätige Unternehmen HTP Electronics GmbH ein weiterer bedeutender Wirtschaftsfaktor der Marktgemeinde.

Persönlichkeiten:
Personen mit Bezug zur Gemeinde:
Rudolf Steiner (1861–1925), Begründer der Anthroposophie, verbrachte in Neudörfl einen Teil seiner Kinder- und Jugendzeit. Er schrieb hierüber in der autobiografischen Schrift Mein Lebensgang.
Josip Broz Tito (1892–1980), ab 1953 Präsident Jugoslawiens, wohnte von 1912 bis 1913 bei seinem Bruder in Neudörfl, Hauptstraße 3, nachdem er bei Daimler in Wiener Neustadt eine Stelle als Einfahrer (Probechauffeur) gefunden hatte.
Eduard Uhl (1813–1892), Jurist und Bürgermeister von Wien, Mitglied der Freimaurerloge Humanitas, Neudörfl.

Söhne und Töchter der Gemeinde:
Sarah Stephanie Markovits (* 1990), Sängerin
Johann Pehm (1898–1961), Schmiedemeister und Politiker
Josef Posch (* 1934), Politiker; seit 1985 Ehrenbürger der Marktgemeinde Neudörfl.
Anton Schreiner (1873–1932), Ziegeleibesitzer und Politiker.



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